Gedanken zu Weihnachten
Eben noch war T-Shirt-Wetter und schon finden sich im Baumarkt und im Supermarkt Weihnachtsdekorationen und Lebkuchen. Weihnachten ist immer noch eines der wichtigsten Feste in unserer Kultur. Auch wenn Glaube und Kirche in der Gesellschaft an Relevanz verlieren. Grund genug, darüber nachzudenken, was denn Weihnachten für uns bedeutet.
Das Besondere an Weihnachten im Vergleich zu anderen Religionen ist, dass eine Person im Zentrum steht. Es geht um Jesus Christus. Das ist insofern besonders, als dass es so etwas in anderen Religionen nicht gibt. Im Judentum gibt es kein Fest, das sich alleine um Moses dreht, und im Islam gibt es auch kein Fest für Mohammed. Weihnachten dreht sich um einen besonderen Menschen.
Dass wir an Weihnachten die Geburt von Jesus feiern, hat die Idee dahinter, dass wir durch die Person Jesus näher zu Gott finden. Religionswissenschaftlich ausgedrückt würde man sagen, dass das Weihnachtsfest nach christlichem Glauben die Erfahrung feiert, dass Gott auf eine einzigartige Weise in diesem Mann Jesus anwesend war. Zum Weihnachtsfest gehört die Botschaft, dass wir Christen überzeugt sind, dass wir es in dieser Person, Jesus aus Nazareth, mit Gott zu tun bekommen. Kurz gesagt: Gott ist Mensch geworden.
Diese Formel hört man zu Weihnachten fast immer in der Kirche. Für eingefleischte Christen ist sie selbstverständlich. Für Distanzierte oder Aussenstehende ist diese Formel eher etwas komisch – oder am Ende gar lächerlich? Was soll das heissen, dass Gott Mensch geworden ist?
Dass Gott in der Person Jesus anwesend war, hat mit den Erfahrungen zu tun, welche die Menschen um Jesus vor 2000 Jahren gemacht haben. Diese Erfahrung können wir aus heutiger Sicht nicht überprüfen. Und auch wenn wir dieselbe Erfahrung machen würden, stellt sich immer noch die Frage, nach welchen Massstäben man die Anwesenheit Gottes misst.
Was wir aber überprüfen können, ist der Zusammenhang, mit dem die Botschaft «Gott ist Mensch geworden» verkündet wird. Dieser Zusammenhang lautet nämlich im Neuen Testament, dass der Mensch von einem Mangel an Frieden betroffen ist.
Zu viel Zank, zu viel Gewalt, zu viel Krieg und zu viel Gier bedrängen die Menschen in der Welt. Wenn Frieden auf der Erde wirklich herrschen würde, bräuchte man keine Menschwerdung Gottes, dann müsste Gott nicht unter den Menschen sein.
Wenn wir Weihnachten feiern, dürfen wir immer auch daran denken, dass mit der Geburt von Jesus, das Versprechen auf Frieden unter den Menschen mitgegeben ist.
Angesichts der gewalttätigen Menschheitsgeschichte stellt sich die Frage, ob diese Botschaft vom Frieden realistisch ist. Und genau darin liegt die Besonderheit der Weihnachtsbotschaft. Gott kann unter uns sein, wenn wir uns der Not und den Bedürfnissen unserer Nächsten und unseres Nächsten zuwenden. Das ist mehr als nur eine Ethik, die uns zu besserem Verhalten auffordert. Denn die Botschaft von Weihnachten enthält auch das Versprechen, dass in unserer Bemühung um Frieden, sei dies im Kleinen oder im Grossen, Gott unter uns ist.
Pfarrer Stephan Krauer