Mit Gott Neuland betreten

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Die Zeit liegt vor mir. Wie ein weisses Stück Papier. Wie ein Paket, das gerade geliefert wurde. Ich öffne es mit einer Mischung aus Freude, Neugierde und Unruhe. Wer hat mir das denn geschickt? Was ist wohl darinnen? Habe ich etwas bestellt? Die Zeit liegt vor mir. Zum Leben, zum Sein. Neujahr und die Tage danach, sind Tage, die nachdenklich stimmen können. Wir haben das «alte» Jahr verabschiedet. Vielleicht laut, mit viel Feuerwerk und lauten Böllern. Vielleicht leise, mit wehmütigen Gedanken – vielleicht sogar schlafend, so wie ich meistens – erst wieder wach werdend, wenn die Kirchenglocken zu läuten beginnen.

Dieses Jahr 2024 hat viel von uns als Menschheit gefordert. Und jeder, der sich umblickt, wird im eigenen Lebenslauf der vergangenen 366 Tage die Herausforderungen benennen können, die ihm begegnet sind. Viel ist passiert. Ja – nicht nur Schweres, auch viel Schönes! Menschen haben sich verliebt, Kinder wurden geboren, Ideen erwiesen sich als hilfreich und tragfähig, der Urlaub hat wohlgetan. Wir haben viel erlebt im 2024.

Die Zeit liegt vor mir. Ich möchte das neue Blatt beschreiben mit dem, was aus dem Jahr 2024 an Gutem erhalten bleiben könnte. Es müsste um die kostbaren und hart erkämpften Erkenntnisse des vergangenen Jahres 2024 gehen, die bewahrt und weitergegeben werden sollten. Was würde wohl auf Ihrem und auf meinem Blatt stehen?Paulus hatte auch ein weisses Blatt Papier vor sich – oder eher ein Pergament. Er schreibt einen Brief an seine Gemeinde in Philippi. Er schreibt und am Ende seines Briefes kurz vor dem Schluss, da wendet er sich noch einmal den Leuten zu und schreibt von der Fürsorge, die er von der Gemeinde erfahren hat. Eigentlich hatte Paulus seinen Brief bereits vor diesem Abschnitt zu Ende geschrieben und dennoch sind ihm diese Zeilen am Ende wichtig. Er will noch einmal die Beziehung zu den Menschen zu ihm klären. Noch einmal sagen: Ich bin stolz auf euch. Ich bin euch zutiefst verbunden. Ich brauche euch auch. Darum beendet er seinen Brief nicht vor diesem Abschnitt.

Bevor er diesen Schritt tun kann, braucht er eine Art Rückversicherung, eine Bindung. Das ist die Übersetzung des Wortes «Religion». Religio heißt Rück-Bindung. In Zeiten, in denen die Unsicherheit des Lebens spürbar wird, da werden andere Sicherungsmechanismen wichtig. Ich brauche den menschlichen Kontakt, die Mitmenschlichkeit. Ich spüre diese Sehnsucht nach einem Gott, der sich um seine Schöpfung, seine Menschen kümmert. Und da steht Paulus da, an der Schwelle einer neuen Zeit, von der er noch nicht weiss, wie sie sein wird. Noch hat er nicht alles gesagt, was ihm wichtig ist.  Alles gipfelt dann aber in dem einen Satz: Alles vermag ich durch den, der mir die Kraft dazu gibt. Das war der Satz gewesen, den er unbedingt noch schreiben musste. Das ist genau der Satz, den er den Menschen noch auf das weisse Blatt Pergament schreiben musste, damit sie wissen: Nicht ich bin der Macher, sondern Gott ist es, der die Macht in Händen hält. Macht ist das Wort, das hier von Stärke und Bewegung zeugt und sehr positiv besetzt ist: Macht im Sinn von Ermächtigung. Jemandem, die Kraft geben, etwas zu machen. Es ist ein Begriff voller Kraft und Dynamik. Diese Kraft ist die Energie, die in der Schöpfung Gottes ihren Anfang nahm. Gott schöpft kreativ aus dem Nichts alles das, was ist. Auch die Zeit, die wie ein weisses Blatt Papier vor uns liegt und von uns beschrieben werden will. Aber wir schreiben nicht allein in unser Buch des Lebens. Gott begleitet unsere Wege, behütet und beschützt sie. Er lässt uns unsere Wege selbst gehen, aber wenn wir darauf hören möchten, gibt er uns auch immer wieder einmal Zeichen, wohin unsere Wege führen.

Paulus erklärt in seinen Briefen alles auch mit Blick auf sein Leben. Genau so hat er es am eigenen Leib erlebt. Erfahrungsbezogen kann er darum auch mit einer solchen ruhigen Selbstverständlichkeit davon reden. Daraus schöpft er Kraft. Er will das seinen Leuten ans Herz legen, dass diese Kraft nicht aus dem Menschen kommen muss, sondern geschenkt wird. Im Grunde ist das eine wunderbare Einsicht. Es ist die tiefe Erkenntnis, danach zu fragen, woher wir die Kraft zum Leben bekommen. Woher haben wir die Energie erhalten, weiterzumachen? Haben wir die Kraft von Gott? Haben wir ihn an der Seite? Woher stammt die Energie zum Neuanfang, die Freude am Leben? Woher kommt es, dass ich mit den Kindern vor der Haustür lachen kann? Woher kommt es, dass das Musikmachen so guttut? Habe ich eine Ahnung, wo meine Quelle der Kraft ist? Nachdem wir unser Blatt 2025 mit den guten Erkenntnissen aus 2024 beschrieben haben, die wir gerne weitertragen möchten, könnten wir doch fortfahren mit dem, was uns guttut, mit dem, was uns stärkt und uns – und damit auch anderen – zur Quelle wird.

In diesem Sinn: Von Herzen ein gesegnetes, kraftvolles, Neues Jahr!

Pfarrerin Cindy Gehrig

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